Fritz Walden
Als imponierender Auftakt gleich am ersten Nachmittag Videoproduktionen der Medienwerkstatt Wien: In „Rituale" reihte die Videokamera festliche Zusammenschlüsse in Niederösterreich: Hochamt mit Kommunion, Kirchweihfest, 1.-Mai-Aufmarsch, Aufstellen eines Maibaumes, Gesangsverein, Laientheater, eine Honoratiorenbegrüßung in irgendeinem Versammlungssaal. Und was ich überhaupt noch nie gesehen habe: Unterstreicht üblicherweise bei solchen Anlässen die Filmkamera nicht ohne Bosheit in der Optik unbeabsichtigte Komik, so weichen die „Rituale" zwar ihr auch nicht aus; aber anstatt lächerlich zu wirken, rührt sie, stimmt feierlich! Sei es die verabreichte Hostie oder der schier nicht enden wollende Maibaum, der von Uniformierten an uns vorbeigetragen wird, die ein wenig linkisch agierende Theatergruppe oder das vielfache Händeschütteln quersaalein. Mit dem exemplarischen Mut zu breitem Ausspielen lassen diese Rituale in ihrem Pluralismus ihr Gemeinsames erkennen, in unserem Bedürfnis nach Kommunikation, unbeschadet aller ihrer Unzulänglichkeit, weil man sonst erfröre. Brecht bringt sich in Erinnerung: Bedenk das Dunkel und die große Kälte / In diesem Tale, das vor Jammer schallt ...